LEITFADEN: Die drei Besten Blockchains für Decentralized Finance (DeFi)

Wie bereits im Leitfaden “Der Einstieg zum Krypto-Investor” beschrieben, solltet ihr euch als zukünftige Investoren zunächst überlegen, auf welcher Blockchain ihr mit Finanzprodukten interagieren wollt. In diesem Artikel möchten wir euch zeigen, welche drei Blockchains aus unserer Sicht für den Einsteiger besonders relevant sein könnten. Jede dieser Blockchains hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Danach könnt ihr auswählen, für welche Blockchain ihr euch entscheidet.

Ethereum - Der Platzhirsch

Ethereum ist die erste Blockchain, welche die Funktionalität von Smart Contracts eingeführt hat. Smart Contracts sind Programme, die auf der Ethereum Blockchain ausgeführt werden und aus einer meist komplizierten Zusammenstellung von Programmiercode bestehen, welche wiederum eine gewisse Funktion ausüben. Ein Beispiel hierfür könnte etwa eine Auktion sein. Hierbei geben mehrere Investoren ein Gebot ab, indem Sie Geld an einen Smart Contract überweisen. Nach Ablauf eines zuvor festgelegten Zeitraums, erhält der Höchstbietende den Zuschlag und die anderen Investoren ihr Geld zurück. Dies geschieht, ohne dass ein Dritter involviert ist, der den Prozess möglicherweise beeinflussen könnte. Dies schafft Vertrauen und ist die Grundlage von DeFi.

Als älteste DeFi-Blockchain verfügt Ethereum gleichzeitig über das höchste von Investoren in DeFi angelegte Vermögen. Gemäss dem DappRadar Industry Report vom Februar 2021 sind derzeit 43,9 Milliarden USD in DeFi-Produkte investiert und über 67 Tausend Konten aktiv. Damit dominiert Ethereum den Defi Markt mit über ⅔ des investierten Vermögens. Die Zweitplatzierte Blockchain Binance Smart Chain (BSC), scheint derzeit mit gerade einmal 9,5 Milliarden USD noch weit abgeschlagen zu sein. BSC sollte jedoch nicht abgeschrieben werden, da diese Blockchain gerade in letzter Zeit stark an Popularität gewinnt.

Die Grösse von Ethereum kommt nicht von ungefähr. Die Vorteile der Blockchain liegen auf der Hand: Gemäss Dappradar.com gibt es zurzeit über 2.200 Projekte, die sich auf der Ethereum Blockchain befinden. Hier werden eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzprodukte abgedeckt und es entstehen fast täglich neue Projekte. Hierbei scheint es fast unmöglich, stets einen Überblick zu behalten und neue Projekte vollständig zu durchdringen. So gibt es beispielsweise zahlreiche dezentrale Tauschbörsen auf Ethereum zur Auswahl; zu den bekanntesten Exchanges zählen etwa Uniswap, Sushiswap, 1Inch und Bancor.

Ein weiterer Vorteil von der Ethereum Blockchain liegt in der Dezentralisierung der Projekte. Gemäss Ethernodes.org gibt es zurzeit 4,5 Tausend dezentrale Server und mehrere Hunderttausende Miner, die dezentral Transaktionen validieren. Das schafft Vertrauen, dass hier nicht eine zentrale Marktmacht dominieren oder Ausfälle den Betrieb stören könnten. Auch Verbesserungen werden dezentral angestossen, darüber abgestimmt und dann implementiert. Dies geschieht über sogenannte EIPs (Ethereum Improvement Proposals).

Neben der Vorteile von DeFi auf Ethereum gibt es natürlich auch Nachteile. Einer der gravierendsten Nachteile besteht zurzeit in den enorm hohen Transaktionskosten. So kommt es mittlerweile nicht selten vor, dass ein simpler Wechsel von einer Kryptowährung in eine Andere via dezentralisierter Wechselstube zwischen 40 und 60 USD kostet; dies sogar unabhängig vom eigentlichen Betrag der Transaktion. Der Grund hierfür ist, dass nur eine maximale Anzahl von Transaktionen pro Block bearbeitet werden können (Gas-Limit von 12.5 Millionen) und sich die einzelnen Nutzer über die bezahlte Gebühr einen Slot im nächsten Block ersteigern müssen. Je höher dieser Preis ist, desto weniger Platz gibt es in einem Block. Aus diesem Grund können auch weniger Transaktionen verarbeitet werden. Das kann bei hohem Betrieb schnell mal teuer werden und ist Hauptgrund dafür, warum Ethereum mit dem 2.0 Upgrade Lösungen für die Skalierbarkeit sucht.

Ethereum ist derzeit also vor allem für grössere und mittlere Investoren attraktiv. Die Grosse Auswahl der Projekte und Finanzprodukte bei zeitweise hohen Transaktionsgebühren machen eine Anlage von mindestens 1 - 2 Tausend CHF / EUR ratsam. Somit lässt sich sinnvolles Risiko-Management betreiben, indem in mehrere Projekte gleichzeitig investiert werden kann, ohne dabei einen Grossteil seiner Anlage bereits für Gebühren auszugeben. Für kleinere Anleger lohnen sich eher die zwei nächsten Blockchains, bei denen sich die Transaktionskosten im Rappen- / Euro-Cent-Bereich befinden.

Binance Smart Chain - Der Herausforderer

Die Binance Smart Chain ist genau genommen eine nahe Kopie der Ethereum Blockchain. Wobei bei BSC an einigen Ecken und Enden geschraubt wurde, damit die Transaktionen wesentlich günstiger ausfallen (1 - 2 Rappen / Euro-Cent pro Transaktion). Dies wurde insbesondere durch die Migration auf einen anderen Konsensus-Mechanismus (Proof-of-Staked-Authoritiy, PoSA) sowie mehrere technische Anpassungen erreicht. So wurde zum Beispiel das sogenannte GAS-Limit pro Block erhöht und die minimalen GAS-Kosten reduziert, sodass mehr Transaktionen pro Block verarbeitet werden können.

Nachteil dieser verbesserten Skalierung ist jedoch die reduzierte Dezentralisierung und die damit verbundene Abschwächung der Sicherheit. So sind bei der Binance Smart Chain gerade einmal 21 Validatoren abwechselnd dafür verantwortlich, die Transaktionen im Netzwerk zu validieren. Wohlgemerkt sind es eben diese 21 Validatoren, die über die grösste Anzahl von BNB - der systemeigenen Kryptowährung - verfügen. Derartige Mengen an BNB kommen fast ausschliesslich bei frühen Investoren und Binance selbst vor. Wer also die Kontrolle über 51% dieses Proof-of-Stakes hat, könnte grundsätzlich Zustände der Blockchain verändern (z.B. Kontostände anpassen).

Da die Binance Smart Chain jedoch die gleiche Ethereum Virtual Machine benutzt um Smart Contracts auszuführen, haben es vor allem Ethereum Projekte leicht, ihren Code zu portieren. Dies haben bereits viele Projekte getan, was dazu geführt hat, dass die Anzahl der Projekte auf BSC seit Ende 2020 stetig ansteigt. Selbst Ethereum-Schwergewichte, wie die dezentralisierte Tauschbörse 1Inch, sind mittlerweile auf BSC aktiv. Hinzu kommen andere bekannte Forks von Ethereum-Projekten, wie etwa Pancakeswap, eine Kopie der grössten dezentralen Tauschbörse auf Ethereum: Uniswap. Diese Einführung bekannter Benutzeroberflächen in einem neuen Umfeld ermöglichen einen vereinfachten Wechsel von einer Blockchain zur Anderen.

Das Angebot an DeFi-Projekten auf BSC ist im Vergleich zu Ethereum wohl noch etwas beschränkt, doch lohnt es sich insbesondere für kleinere Investoren aufgrund der niedrigen Transaktionskosten durchaus das eigene Krypto-Abenteuer auf der Binance Smart Chain zu beginnen. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, bei welchen Projekten das eigene Kapital angelegt wird. Gerade in der Vergangenheit hat es bereits mehrere Projekt-Teams gegeben, die ein Projekt zwar starteten, anschliessend das eingezahlte Vermögen jedoch veruntreuten. Zusätzlich geht bei BSC nichts an der Binance Börse vorbei. Es braucht also eine Einzahlung von Fiat auf deren Konti, einen Transfer von einer anderen Blockchain via Binance Bridge oder einer der dezentralisierten Tauschbörsen.

Terra - Der Vielversprechende

Terra ist eine anwendungsspezifische Blockchain und basiert auf der Technologie von COSMOS, welche sich ihrerseits als das “Internet der Blockchains” beschreiben. Damit ist gemeint, dass COSMOS analog zu anderen Projekten wie Polkadot insbesondere die Verbindung zwischen einzelnen Blockchains fokussieren und Tools zur Verfügung stellen, dass solche spezifischen Blockchains entwickelt werden können. Erstes Projekt von Terra war das Zahlungssystem Chai aus Korea, welches über 2.5 Millionen aktive Nutzer hat. Diese Zahl ist für einen digitalen Zahlungsanbieter in Südkorea vergleichsweise niedrig, jedoch trotzdem bemerkenswert, da ein Blockchain-Projekt wie Terra so bereits einen konkreten Anwendungsfall schaffen konnte und diesen erfolgreich umgesetzt hat.

Auch sonst scheint Terra bereits so einiges richtig zu machen. Die DeFi-Produkte der eigenen Blockchain sind auf einzelne Bereiche fokussiert und dabei sehr einfach zu nutzen. Es handelt sich hierbei um hochklassige Projekte, die einen echten Mehrwert und konkreten Anwendungsfall schaffen. Terra ermöglicht so einen spielerisch einfachen Einstieg in die Welt von DeFi. Doch auch ausgewiesene DeFi-Spezialisten kommen bei dem stetig wachsenden Terra-Ökosystem auf ihre Kosten.

Technisch basiert die Terra Blockchain (Cosmos) auf einem Delegated-Proof-of-Stake Model, bei dem jeweils 100 Top Validatoren die Transaktionen verarbeiten. Ein Top Validator entsteht, wenn ausreichend Terra-User die systemeigene Währung LUNA beim Validator hinterlegt haben. Die Top Validatoren setzen sich also aus dem höchsten angelegten Kundenvermögen (inkl. dem eigenen Anteil) in LUNA zusammen. Damit ist Terra bei der Transaktionsbestätigung bloss halb so schnell wie etwa die Binance Smart Chain (5 - 6 Sekunden ggü. 3 Sekunden). Dafür liegt die Blockchain in den Punkten Dezentralisierung und Sicherheit weit vorne.

Analog zum EIP von Ethereum gibt es bei Terra die TIPs (Terra Improvement Proposals), welche die Governance des Protokolls steuern. Interessant ist hierbei, dass die eigene Währung LUNA die Wechselkursbindung (“currency peg”) des hauseigenen Stablecoins UST (US Dollar by Terra) steuert. LUNA wird hier strategisch dazu eingesetzt, bei einem Ungleichgewicht des Wechselkurses von UST / USD korrigierend einzugreifen und die Wechselkursbindung stabil zu halten.

Ganz gleich ob kleine, mittlere oder grössere Krypto-Investoren und unabhängig des eigenen Know-Hows ist Terra ein idealer Einstieg für Krypto-Investitionen. Bereits heute stellt das Protokoll eine dezentralisierte Tauschbörse (Terra Swap), synthetische Aktien (Mirror), sowie Kredite (Anchor) und Anleihen (Anchor) zur Verfügung. Letztere ergeben sogar um die 20% pro Jahr fix.

Weitere DeFi-Blockchains

Neben den oben erwähnten Blockchains gibt es natürlich noch eine Reihe weiterer Blockchains mit DeFi-Projekten, mit denen der Clevere Krypto-Investor Geld verdienen kann. Die Qualität der Projekte und die Komplexität der Nutzung sind jedoch aus unserer Sicht nicht wirklich geeignet für den Anfänger. Zusätzlich haben andere Blockchains schlichtweg einen anderen Fokus, sodass DeFi eher in den Hintergrund rückt. So ist Tron beispielsweise mehrheitlich auf Spiele und Online-Wetten ausgelegt, was natürlich einen starken Einfluss auf die entstehenden Projekte hat.

Zukünftige DeFi-Blockchains

Sicherlich nennenswert sind hier Cardano und Polkadot. Es handelt sich bei beiden Blockchains um Projekte ehemaliger Mitgründer von Ethereum, namentlich Charles Hoskinson (Cardano) und Galvin Wood (Polkadot). Zusätzlich könnten Projekte wie IOST, WAX, ThunderCore, FLOW u.a. in Zukunft vielversprechend sein. Auch Layer 2-Lösungen, die als Neben-Blockchains aufgebaut werden wie Polygon und xDai werden DeFi-Funktionalitäten anbieten und auf den Vorzügen von Ethereum aufbauen.

Auf Kryptoneuling.ch werden wir das DeFi-Geschehen natürlich weiterhin beobachten und darüber berichten. Denn eines ist sicher: Wir wollen das Wissen über Decentralized Finance öffentlich zugänglich machen – welche Blockchain sich hierfür am besten eignen wird, bleibt abzuwarten.